Mittlerweile bin ich schon seit 4 Wochen wieder in Deutschland. Nach wie vor ist es etwas seltsam, eigentlich kennt man das Verhalten und den Umgang der Leute hier, trotzdem ist alles anders als bei meinem Aufbruch vor 8 Monaten. Immernoch bin ich jeden Morgen ein wenig verwirrt, wo ich gerade aufgewacht bin, immernoch erschreckt mich der Wasserdruck der Dusche, immernoch finde ich, dass die Karotten, die Erdnüsse und alles Mögliche hier komisch schmeckt…
Diese Liste könnte noch lang so weiter gehen, obwohl ich das Leben hier kenne, muss ich es neu kennenlernen und das in einer Zeit in der für alle selbst das Einkaufen eine neue, komische Erfahrung ist und giftige „Abstand halten“-Kommentare, Masken und Desinfektionsmittel dazu gehören. Damit bin ich immerhin nicht die Einzige, die verwirrt und überfordert über den Markt läuft, sondern eine von vielen. Allerdings haben die anderen vermutlich nicht so ein Problem mit den hohen Preisen…
Alles lief so anders als ich es mir ausgemalt hatte, abgesehen davon das der Flug ein Albtraum war… Statt von Freunden hatten meine Eltern Laugenstangen und Apfelwein mit am Flughafen. Natürlich habe ich mich darüber gefreut, hatte ich mir ja auch explizit gewünscht, aber so ein Empfang von Menschen, anstelle oder noch besser in Kombination von Backware, wäre doch etwas schöner gewesen…
Warum ich erst jetzt diesen vermutlich abschließenden Blogeintrag teile? Ich weiß es nicht. Bis heute hatte ich nicht die Motivation, über mein Unglück (ja etwas dramatisch) zu berichten. Ich konnte mich einfach nicht überwinden, hatte das Gefühl dieser Eintrag sei ein viel größeres und schwierigeres Vorhaben als alle anderen Einträge zusammen.
Am 28. März ging es also für uns zurück. Ich möchte gar nicht groß auf meine Heimreise eingehen, wer großes Interesse an den Abläufen eines Evakuierungsfluges der Deutschen Botschaft hat, kann mich gerne genauer dazu befragen😅 Die Kurzzusammenfassung: Es ging sehr früh los, hat sehr lang gedauert, war mit häufigen Temperaturmessungen verbunden, um dann zusammengepfercht mit 450 Menschen in einem Flugzeug zu sitzen, um dann in Frankfurt wieder nur mit 17 Menschen im Bus sitzen zu dürfen und dann wieder von einer riesigen Menschenmenge empfangen zu werden.
Mein jetziger Alltag besteht aus einem Markteinkauf mittwochs. Punkt. Das wars. Für alle die es nicht wissen: Ich kann nicht sehr gut nichts tun. Zum Glück hatte ich in den ersten Tagen eine recht lange To-Do-Liste, die mich beschäftigt hat und weitestgehend vom Nachgrübeln abgehalten. Mittlerweile ist diese Liste leer und ich leide oft an derselben Langeweile, wie so viele gerade. Ab und an fahre ich zum See, um dort zu trainieren, nähe Masken oder puzzle.
Ein paar Freunde habe ich schon gesehen. Bei vielen aber nur mit einem Winken und einem „Schön-dich-wiederzusehen“-Zuruf… Meine Mitfreiwillige Celine hat dieses Gefühl meiner Meinung nach sehr treffend formuliert:
Kein richtiger Abschied unserer alten Welt in Bolivien, kein richtiger Empfang in der neuen Welt in Deutschland.
-Wordpress-Blogbeitrag „Die Evakuierung – Das Ende unseres Einsatzes“ – celineinbolivien
Als ich ihren Blogeintrag zu unserer Abreise gelesen habe (große Leseempfehlung), hat sich mein Hals immer weiter zugeschnürt, mir wurde vermutlich zum ersten Mal klar, warum ich mich immernoch nicht richtig „zuhause“ fühlte… Ich vermisse gerade die Kinder, von denen ich mich gar nicht verabschieden konnte, besonders schlimm, viel mehr, als ich irgendetwas in Deutschland vermisst hatte.
Auch in Bolivien sind Bildungseinrichtungen nach wie vor geschlossen, weshalb meine Profesora mir auch noch nicht die versprochenen Bilder schicken konnte.
Jetzt hoffe ich, dass Anfang Mai endlich wieder soweit Normalität eintritt, dass das „Wieder-da-Sein“ wieder mehr an die Zeit vor Bolivien erinnert und wir auch das letzte bisschen ankommen können…